„Jeder nur ein Kreuz!“ – Kenner des Monty Python-Films „Das Leben des Brian“ wissen dieses Filmzitat treffsicher und mit Heidenspaß kichernd zu beantworten: „Linke Reihe anstellen!“. Die Sandale, das bei einer Steinigung anwesende Weibsvolk, ein Pontius-Pilatus mit logopädisch behandlungsbedürftigem P-Sprachfehler, der selbst dem härtesten Legionär Lachkrämpfe verursacht, der Konflikt zwischen der judäischen Volksfront und der Volksfront von Judäa – die satirische Persiflage ist längst ein Klassiker der Filmgeschichte. Vordergründig teilt der naive Brian das Schicksal eines gewissen Jesus von Nazareth. Brian und Jesus könnten ziemlich beste Freunde sein. Ihr Schicksal geht dann aber doch so auseinander, dass die Provokation des Films sich weniger gegen Jesus als vielmehr gegen einen unkritischen Dogmatismus wendet. Wer hier nur mit religiösen Gefühlen reagiert, mag schnell verletzt sein. Wer aber mit Verstand die Botschaft des Kreuzes anschaut, der kann auch als Glaubender herzlich über die satirischen Weisheiten dieses Filmes mitlachen. Was glauben Sie denn?
Am heutigen Freitag, dem 14. September, feiert die Kirche das Fest „Kreuzerhöhung“. Gerade in den Kirchen des Ostens, vor allem aber bei den arabisch-sprachigen Christen ist das Fest von so großer Bedeutung, dass es mit Umzügen und lauten Feiern begangen wird. Das Fest geht auf die Auffindung des Kreuzes Jesu durch Helena, die Mutter Kaiser Konstantins im Jahr 326 n. Chr. Zurück. Es stellt neben dem Karfreitag das Kreuz als besonderes Zeichen des Christentums in den Mittelpunkt. Das ist bemerkenswert, hat man doch damals innerhalb des Christentums die Darstellung des Kreuzes in der Öffentlichkeit vermieden. Die älteste, heute bekannte öffentliche Kreuzigungsdarstellung stammt aus dem Jahr 422 n.Chr. und ist auf der Portaltür der römischen Basilika Santa Sabina in Rom zu sehen. Warum diese Zurückhaltung bei einem Symbol, dass heute plakativ als genuines Zeichen christlicher Kultur in bayerischen Amtstuben aufgehängt und von Verfechtern des christlichen Abendlandes plakativ auf Demonstrationszügen vorangetragen wird.
Die frühen Christen hatten noch ein unmittelbares Bewusstsein für den Skandal des Kreuzes. Die Hinrichtung von Menschen am Kreuz, deren damalige Alltäglichkeit im Leben des Brian durchscheint, wenn sich die Delinquenten wie an einer Supermarktkasse aufstellen, um ihr Kreuz – aber nur eines! – zu übernehmen, war qualvoll und perfide. Der Tod am Kreuz war so grausam, dass Juden in ihm den Ausdruck der Gottverlassenheit sahen. Jesus stirbt als Verfluchter. Deshalb schreibt Paulus, der Glaube an einen Gekreuzigten sei für „Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit“ (1 Korinther 1,23), fügt dann aber hinzu, dass es „für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ (1 Korinther 1,24) sei. Es ist die Auferstehung des Gekreuzigten, die Paradoxie des Kreuzes zeigt: Selbst der Gottverlassene wird von Gott gerettet. Das ist die Botschaft des Kreuzes, die letztlich allen Menschen gilt. Always Look on the Bright Side of Life? Für Christgläubige besteht daran im Sinne des Paulus kein Zweifel: Selbst die zutiefst Gefallenen können mit Blick auf Jesus den Gekreuzigten, der sich in der Auferstehung als Christus erweist, wieder aufblicken: Weil sich Gott in Jesus mit den Menschen identifiziert, wird die Auferstehung des Gekreuzigten zur Verheißung für alle!
Das Kreuz ist deshalb weder ein Kampfmittel gegen andere Kulturen noch bloßer Wandschmuck. „Jeder nur ein Kreuz!“ – man muss es schon auf sich nehmen, um Christ zu sein. Auf ein frohes Fest der Kreuzerhöhung!
Dr. Werner Kleine
Erstveröffentlicht in der WZ Wuppertal vom 14. September 2018
Author: Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine ist katholischer Theologe und Initiator der Katholischen Citykirche Wuppertal. Er tritt für eine Theologie ein, bei der der Mensch im Mittelpunkt steht.
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